Der digitale Patient“ will sich in einer Debattenreihe den Möglichkeiten und Grenzen von Big Data im Gesundheitswesen konstruktiv nähern. Unser Blog fungiert dabei als Plattform, wir lassen hier Experten aus verschiedenen Bereichen zu Wort kommen. Franz-Joseph Bartmann schrieb im vorigen Beitrag darüber, wie Big Data bereits heute mit konkreten Versorgungszielen im Gesundheitssystem verbunden werden kann, um sinnvolle Anwendungen schneller in die medizinische Versorgung zu integrieren. Ekkehard Mittelstaedt beschäftigt sich in diesem Blog-Beitrag damit, welche infrastrukturellen Anforderungen wir für den sinnvollen Einsatz von Big Data im Gesundheitswesen brauchen.


Wenn rund um das Thema „Big Data“ diskutiert wird, dann stehen zumeist Forschung und Entwicklung im Mittelpunkt des Diskurses. Tatsächlich sind die Potenziale, die durch eine intelligente Nutzung von Big Data entstehen können, jedoch praktisch für jeden Bereich im Gesundheitssektor denkbar – egal ob in Reha-, Pflege- oder Sozialeinrichtungen. Mit einer effizienten Auswertung von Patienten- und Gesundheitsdaten könnten Möglichkeiten für Kosten- und Zeiteinsparungen gefunden werden. Auch eine personalisierte Medizin würde verstärkt ihren Weg in das Gesundheitswesen finden. Insgesamt könnte damit die Gesundheitsversorgung in Deutschland gestärkt und deutlich verbessert werden.

Basis zur effizienten Nutzung von Big Data? Eine einheitliche Infrastruktur im Gesundheitswesen

Digitalisierung ist nicht einfach die Elektrifizierung analoger Prozesse

Entscheidend hierfür ist die Schaffung einer einheitlichen Infrastruktur, auf der die zahlreichen Produkte angewendet werden können. Momentan besteht in Deutschland jedoch ein sektoral organisiertes Gesundheitswesen – innerhalb der Sektoren fragmentiert und kaum intelligent vernetzt. Die Behandlungen sind nicht patientenorientiert und die Prozesse darauf auch nicht ausgerichtet. Für das Gesundheitswesen bedeutet es, wir brauchen sinnvolle Anwendungen mit Orientierung an Versorgungszielen und insbesondere Patientenbedarfen. Zudem gilt: Nur digital können wir Daten sammeln, um sie dann entsprechend zielorientiert auswerten zu können. Dass es sich bei der Elektrifizierung von analogen Prozessen um Digitalisierung handelt, ist ein Irrglaube.

Röntgen-Bilder, Blutuntersuchungen und sonstige Befunde erzeugen eine große Menge an heterogenen Daten. Hinzu kommen Arztberichte und Behandlungsverläufe. Bevor die Potenziale aus solchen Daten für die Patientenversorgung ausgeschöpft werden können, muss jedoch die Verfügbarkeit, Verknüpfbarkeit und Verwertbarkeit dieser Daten verbessert und sichergestellt werden. Eine Voraussetzung hierfür wäre die elektronische Patientenankte als Infrastrukturmaßnahme. Zudem bedarf es auch eines offenen Diskurses mit verbindlichen Ergebnissen, unter anderem zu Standards und Qualität von Daten, zwischen allen Beteiligten der Politik, Wirtschaft und Forschung. Die Hindernisse für die Einführung der Anwendungen müssen identifiziert und aufgelöst werden. So sollten sich die verschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung ergänzen und durch gute Zusammenarbeit auszeichnen, auch um Insellösungen zu verhindern.

Big Data im Gesundheitswesen braucht ein Qualitätsmanagement

Neben der Datenintegration und Datenqualität – identifiziert als häufige Problemfelder – geht es auch um das Verständnis, was die Daten bedeuten. Big Data kann nur Korrelationen liefern. Für relevante und richtungsweisende Ergebnisse gilt es jedoch mit Kausalitäten zu arbeiten und somit Big Data in Smart Data zu überführen. Auch im Umgang mit den gesammelten Daten sollte Qualitätsmanagement eine Rolle spielen – im Hinblick auf Datenschutz und -sicherheit. Denn: Nichts mehr als ein fehlendes Konzept zum Umgang mit potenziellem Missbrauch sensibler Patientendaten könnte die Potenziale von Big-Data-Anwendungen hemmen. Die Datenhoheit sollte stets in der Hand des Patienten liegen und darf nicht ohne Einverständnis und Aufklärung dem Patienten genommen werden.


Im nächsten Beitrag werden Alexander Büchsenschütz und Christoph Meyer-Delpho darüber bloggen, warum Big Data im Gesundheitswesen seinen Potenzialen noch nicht gerecht wird.

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